Einer mehrjährigen Tradition folgend gaben wir vor Beginn des
Bluesrockspektakels erst mal eine Bestellung in der Pommesbude auf
dem Parkplatz vor dem Openluchttheater de Doolhof in Tegelen auf:
Satespieße mit Erdnußsoße, Pommes mit Mayo und `ne Cola. Das
muss so sein….sonst würde was fehlen.Nach dem Essenfassen ging es
schnurstracks ins überdachte Open Air Theater, Getränkemarken
fassen, Festival T – Shirt fassen. Das erste Getränk schwitzte ich
in Nullkommanix wieder aus, das Wetter hat einen gehörigen
Swamptouch, 100 Grad Fahrenheit und die Luftfeuchtigkeit einer
Heißmangel.
In die Mangel nahm uns auch die erste Band des Tages: Matchless Blue aus der niederländischen Provinz Limburg starteten um 13 Uhr den Musikreigen. Die fünf Männer bewegten sich im Swing- und
Jump-Bluesbereich, sehr versiert, leider nur für eine knappe halbe
Stunde. Wir hörten u.a. eine feine Coverversion des unsterblichen
Elmore James-Klassikers, den „Madison Blues“. Die Jungs ernteten nach
ihren Darbietungen verdienten Applaus… Ich applaudierte mit und
kurbelte in der anschließenden Umbaupause die Konjunktur der
Getränkeindustrie an, es wurde immer hitziger.
Die texanische Bluessängerin Dede Priest sorgte mit ihrer niederländischen Begleitband anschließend auch nicht gerade für Abkühlung. Mit ihrer Röhre zog sie etliche musikalische Schubladen auf, Blues, Soul, Funk, Gospel. Phantastische Unterstützung erhielt sie vom Gitarristen Raymond Nijenhuis und dem Bassisten Roelof Klijn, von Schlagzeuger Jody van Oojien und Keyboarder Govert van der Kolm. Beim Big Mama Thornton Klassiker Wade In The Water bekamen wir eine frische Brise ab, die Eigenkompositionen von Dede bestachen durch Soul und Soul und Soul und die Band machte zwischendurch gekonnte Ausflüge in ihre Freiräume. Knapp 50 Minuten erlebten wir eine charmante Dede mit ihren Mannen, der kräftige Applaus nach jedem Lied sorgte für Kühlluftbewegungen. Ich besorgte mir in der Pause bis zum Einsatz der nächsten Band einen Nachmittagskoffie und bekam anschließend noch einen an der Waffel – die Waffel des Koffieshops schmeckte vorzüglich.
Das Festival machte beim Detroiter Marcus Malone und seiner Band seinem Namen alle Ehre, es bluesrockte gewaltig. Der frühere Heavy Metal Zelebrator Marcus sorgte mit Rhythmusgitarre und seiner verkratzten und soulvollen Stimme für Stimmung unterm Dach. Leadgitarrist Michael Casswell feuerte filigrane und verzerrte Gitarrensalven ins Volk, Bassist P J Phillips und Schlagwerker Chris Nugent sorgten für heftiges Soundtuning, eine kompakte Einheit werkelte dort vor uns auf der Bühne. „Let The Sunshine In“, Titeltrack seiner letzten CD, trieb uns zusätzliche Schweißperlen auf den Schädel, „All That Love“ funkte fein und zündete den Funken im Publikum und die Gibb/Bee Gees Ballade „To Love Somebody“ verstärkte meine Meinung, dass Marcus‘ Stimme der des Herrn
Rodgers ähnlich ist.
Der eingeholländischte Amerikaner Boyd Small, Bart Kamp am Bass und Gitarrist Richard van Bergen von den Shiner Twins aus den Niederlanden schmissen um 16 Uhr 35 den Groove an, dem Monti Amundson und Henry Cooper an den Gitarren den Slide gaben, alle zusammen sind sie die Sultans Of Slide. Richard van Bergen ersetzte den unabkömmlichen Bandgründer Franck Goldwasser. Wir hörten klirrende und glitzernde Slideattacken von ihrer CD Lightning
Strikes, Boyd sang seinen Titel „Lucky Again“. Das alles war, ich
gebrauche einen Ausdruck der Fußballsprache, ein Sliding Tackling,
ohne Körperverletzung.
Ich musste mich erst mal setzen, in meinem gesetzten Alter zwickt und zwackt es schon mal in den Knochen, meinen Photoapparat-verrenkungen sei Dank.Ab 18 Uhr kriegten wir anderen Blues. Den krachenden und deftigen Blues britischer Machart von Ian Siegal, mit grollender und rauer Stimme trug er ihn uns vor. Niederländische Rockabilly-Saiteneinschübe kamen von Dusty Cigaar, seines Zeichens Gitarrist der Rhythm Chiefs. Wie sagte Ian treffend zu Dusty: „This is one of the finest guitar player in Europe and he comes from your own country.“ Keyboarder Paddy Milner, der immer fröhliche Bassbearbeiter Andy Graham und Drummer Evan Jenkins waren die anderen Mitstreiter der Bigger Blues Band. Ein Pfund, kann ich nicht anders schreiben, das passte, und der Chef im Ring – Ian – strahlte sehr zufrieden und entlockte Stimmbändern und Saiten den Rauch, der die Hütte rockte. Stücke seiner letzten CD The Skinny entlockten dem Feiervolk und Volker viel Applaus, der Titeltrack besonders.
Der straffe Zeitplan ließ leider bei der Bigger Blues Band wie auch bei
allen anderen Bands keine Zugaben zu, aber so ist das meistens bei
Festivals. DeWolff sind mittlerweile zu einer ganz schön hohen
Hausnummer in Sachen psychedelischem Seventies Rock und Bluesrock aufgestiegen, meiner unmaßstäblichen Meinung nach völlig und wahrhaftig zu recht. Die sehr jungen Brüder van de Poel und Herr
Piso traktierten ihre und unsere Nackenmuskeln und Halswirbelsäulen
aufs Spannendste. Nehmen wir mal den Schweineorgler „Yellow Rat Magic Blues“, der eben mit Robins Schweineorgel eingeorgelt wird. Pablo singt dazu mit seiner schon gut eingeschliffenen Stimme und
bearbeitet die Saiten seiner Vintagegitarre grandios. Luca läßt die
Sticks und nackten Füße trommeln und wirbeln und bassen. Wir hören
ruhige, fast schon verhaltene Töne, die dann brachialisierend
ausbrechen, das ist ganz genau der Stoff, den Volker so liebt, viele
andere neben und hinter mir auch. Oder nehmen wir „Love in C Minor“,
einem eingängigem Gitarrenriff geht die Saitenbearbeitung per
metallischem Eislöffel vor, die Orgel jault sich in die Tiefen und Höhen, und Luca haut das Schlagzeug in Grund und Boden. Bei zwei Stücken tritt auch das Musikinstrument, das ohne Berührung Laute entlässt, in Aktion: Das Theremin, dramaturgisch wertvoll drapiert und Sound bereichernd. Diese Jungs werden weiter ihren Weg machen, davon bin ich überzeugt.
Ihren Weg gemacht hat auch die letzte Band, die bei diesem Festival die Bühne betritt. Und wie: Sie existiert seit mittlerweile 45 Jahren mit dem Motto: „And Don`t Forget To Boogie!“ Canned Heat, was soll ich da groß zu ihrer Vergangenheit schreiben, das gehört zum Rock- und Bluesmusikalischen Allgemeinwissen. Heute Abend sind sie hier, und ich freute mich, sie zu hören und zu sehen, 1699 andere auch, wir feiern die Band 90 Minuten ab
Die Urviecher Adolfo Fito de la Parra und Harvey Mandel, seit Urzeiten bei Heat, zusammen mit John Paulus am Bass und Gitarre und Dale Spalding an der Harp, Gitarre, Bass und Gesang. Sie spielen und singen mit uns zusammen, vor der Bühne tanzen die Massen, die
Stimmung kocht mehr als das Wetter. Sogar vom etwas experimentelleren 1968er Album Halleluja hörten wir was: „Time Was“. Ansonsten die ganzen Kracher aus alten Zeiten – der Woodstock Film begann vor unseren Augen mit „Going Up The Country“, wir workten together und kriegten zum Schluss den Boogie, das Volk tobte, Volker auch. Ein schwülheißes Festival war zu Ende, ich danke allen Mitarbeitern des Festivals für ihre tolle Arbeit, den Musikern für ihre
inspirierende Musik, die transpirierte, und dem Büro Pinkpop für die
Akkreditierung.