Mein erstes Gothic Fest und ich könnte mir in den Hintern beissen, dass ich die vorherigen verpasst habe. Warum fragt ihr euch? Ganz einfach, es war absolut G E I L ! ! !

11958207_883093185100263_7590920525610716697_oZuhause noch ein kritischer Blick zum Himmel, soll das Event doch Open Air stattfinden. Aber egal, Regenjacke eingepackt, Freundin geschnappt und los. Über den Bauernschnellweg Richtung Lemgo, die Kreisverkehre werden langsam nervig. Von Lemgo Richtung Extertal. Ich liebe Ostwestfalen. Die kurvenreiche Straße führt uns durch die malerische Landschaft und nach 40 km liegt sie vor uns: Burg Sternberg. Am Parkplatz klingt uns schon das Wummern der Bassdrum vom Soundcheck entgegen. Übrigens ist Burg Sternberg ein wirklich schön restauriertes, mittelalterliches Gemäuer, daß sich auf einem Vorsprung des Dörenberges befindet. Von hier oben hat man einen super Ausblick über das Lipperland bis hin zum Teutoburger Wald. Wir lassen die Aussicht einen Moment auf uns wirken, bevor wir uns durch den Torbogen in die Burg wagen. Vor uns liegt der Innenhof der Unterburg, wie wir einem Übersichtsplan entnehmen können. Um den Burghof der Oberburg zu finden, brauchen wir allerdings nur unseren Ohren folgen. Neben dem Außenbereich des Burgrestaurants befindet sich der Durchgang.

12031555_889028734506708_18727534618900732_o

Wir sind etwas früh dran und können uns noch in aller Ruhe umschauen. Der Burghof ist von drei Seiten durch hohe Wände begrenzt. An der offenen Seite steht die Bühne und es kommen mir Zweifel, ob es da nicht möglicherweise Probleme mit dem Sound geben kann. Rechts neben dem Eingang sind einige Pavillions aufgestellt. Dort befindet sich die Kasse und der Merchandise Bereich, der von vielen eifrigen Händen noch bestückt wird. Links neben dem Eingang zum Burghof geht es nach drinnen zum Catering-Bereich, doch dazu später mehr. Überragt wird der Hof durch eine mächtige Linde, die im Sommer für Schatten sorgt, aber auch etwas Schutz vor Regen gibt, wie sich später leider noch zeigen soll. So langsam kommen immer mehr Leute. Ich informiere mich, wann es losgehen soll. 19:30 h soll planmäßig begonnen werden. Den Start machen defekt 86 aus Köln, gefolgt von Sweet Ermengarde aus Bochum, den Gastgebern salvation AMP aus Detmold und zum Abschluß Principe Valiente aus Stockholm. Jede Band hat ca. 50 Minuten bevor nach kurzer Umbauphase die nächste folgt. Ein Blick zur Uhr sagt uns, das wir noch etwas Zeit haben. Hinter uns dreht sich eine aufgespießte Sau im Grill und verbreitet einen Duft, der einem sprichwörtlich das Wasser im Munde zusammenlaufen lässt. Wir gehen also Richtung Catering. Nun hatte ich damit gerechnet, dass es neben Getränken auch etwas gegen den „kleinen Hunger“ gibt. Am Preisaushang wird allerdings nur ein Buffet ausgeschrieben. Was bleibt einem da übrig? Der Duft der Sau schwängert die Luft und bringt die Magensäfte zum Kochen. Auf Nachfrage teilt man uns mit, dass man sich den ganzen Abend vom Buffet bedienen kann. „Solang bis nichts mehr da ist.“ Da ist der Bann gebrochen. Wir bekommen ein Knicklicht ums Handgelenk, dass uns als „Buffetzugangsberechtigt“ ausweist und können nach Herzenslust schlemmen. Neben besagtem Schwein gibt es Kartoffelsalat, Wurstsalat, Sauerkraut, Champignons, Baguette und und und. Alles sehr lecker und wie wir erfahren untersteht der Cateringbereich dem westfälischem Kinderdorf, das auf Burg Sternberg zur beruflichen Förderung und Integration junger Erwachsener ein Café – Restaurant und Catering Projekt unterhält, in dem Jugendliche und junge Erwachsene unter fachkundiger Anleitung auf ihr späteres Berufs- und Erwerbsleben vorbereitet werden. Und das sie ihre Sache gut machen, kann man schmecken!

Dann gehts endlich los. defekt 86 betreten die Bühne und ich bin gespannt auf den Sound. Der Burghof hat sich schon merklich gefüllt, Augen und Ohren sind Richtung Bühne gerichtet. Die Kölner sind kurzfristig für Voyvoda eingesprungen, die leider aus persönlichen Gründen absagen mussten. Daher tritt das Quartett heute auch nur in schmaler Besetzung als Trio auf. Doch das wirkt sich nicht nachteilig auf den Auftritt aus. Ich habe defekt 86 bislang noch nicht live gesehen und bin schlichtweg begeistert. Nun neigt man ja schnell dazu, Musik in bestimmte Schubladen zu packen. Das Ding muss ja schließlich einen Namen haben. Kann ich nicht, will ich nicht, mache ich auch nicht. Ich unterscheide nur zwischen mag ich und mag ich nicht. Und defekt 86 mag ich definitiv! Sie haben ihren eigenen Stil gefunden, kopieren niemanden und ich scheue mich davor, Vergleiche anzustellen. Ich zitiere aus ihrer homepage: „defekt 86 spielen eine Mischung aus Indie und Postpunk. Eingängige Melodien wechseln sich mit krachigen Parts ab, der Gesang ist eindringlich, die Songtexte, teils englisch, teils deutsch, offenbaren eine surreale Sichtweise auf das Leben.“ Fakt ist, dass defekt 86 Spass an dem haben, was sie tun. Ich wünsche mir vielleicht etwas mehr Action auf der Bühne. Alles in Allem ein überzeugender Auftritt und ein mehr als gelungener Auftakt an diesem Abend.

Die Umbauphase nutzen wir, um etwas zu trinken. Die Getränkepreise sind übrigens sehr human gehalten. Dann geht es auch schon weiter. Sweet Ermengarde sind an der Reihe. Dem Quintett aus Bochum werden Parallelen zu Fields of the Nephilim, The Mission und anderen nachgesagt. Immer diese Vergleiche. Fakt ist, dass Sweet Ermengarde Gothic Rock vom Feinsten macht. Modern, unverbraucht und auf verdammt hohem musikalischem Niveau. Neue Songs und einen neuen Sänger haben sie mitgebracht. Daniel wirkt neben den anderen Bandmitgliedern wie ein Schuljunge. Wenn aber seine Stimme durch die Boxen dröhnt, stellen sich sofort die Nackenhaare auf. Hammer! Tief, dunkel, kraftvoll. Muss man einfach gehört haben. Aber das gilt nicht nur für den Sänger. Ein geiler Gig der Bochumer Gothic Rocker, der für mich durch den übermäßigen Einsatz der Nebelmaschine im wahrsten Sinne etwas getrübt wurde.

Halbzeit und Gelegenheit sich den Merchendise-Ständen zu widmen. Es ist immer wieder klasse, daß bei solch kleinen Events alle mithelfen. Ich denke, das ist es, was grade auch diese Veranstaltung ausmacht. Sie ist klein, übersichtlich, familiär. Die Freundin macht das Management und die Organisation, die Mutter sitzt an der Kasse, der Sohn verkauft Mechandise-Artikel. Musik von Freunden für Freunde. Man sieht auf dem Burghof, wie sich die Bands unter die Gäste mischen, mit ihnen ins Gespräch kommen. Es wird gemeinsam angestoßen, gelacht, Schultern werden geklopft. Eine Stimmung, die sich auf alle Anwesenden überträgt und mich mit einem Gefühl der Freude erfüllt, mit dabei sein zu können. Doch jetzt geht es mit einem Heimspiel weiter.

salvation AMP aus der Residenzstadt Detmold. Wer es bislang verpasst hat, die drei Jungs live zu erleben, sollte das dringenst nachholen. Das Powertrio zeigt von Anfang an eine Performance von höchstem Niveau. Geprägt durch die unglaubliche Virtuosität von Gitarrist und Sänger Christ-Ian dringt jeder Song sofort ins Ohr. Doch erst das Fundament von Bassist Caveman und Schlagzeuger Steve Leafs machen die Songs zu dem, was sie sind: einem absoluten Klangerlebnis. Ich bin schlichtweg überwältigt. Auch bei diesem Auftritt wird der freundschaftliche Umgang zu den anderen Bands wieder deutlich. Neben uns stehen defekt 86 und feiern in der Menge mit. Lars und Mike von Sweet Ermengarde werden auf die Bühne gerufen, um beim Song „Salvation“ den Chorus mitzusingen. Der Auftritt von salvation AMP ist für mich der bisherige Höhepunkt des Abends.

Umbaupause. Mittlerweile ist es windig geworden und die Wolken am Himmel verheißen nichts Gutes. Hoffentlich hält das Wetter noch. Principe Valiente lassen sich etwas Zeit. Hab ich grad einen Tropfen abbekommen? Zur Vorsicht die Regenjacke übergezogen. Da sind sie. Principe Valiente aus Stockholm. Ich bin gespannt auf die Schweden. Im Netz habe ich mir vorher schon einige Songs angehört, doch live ist immer noch was anderes. Hier und da werden die ersten Schirme aufgespannt. Unter der Linde auf dem Burghof drängen sich die Zuhörer, andere stellen sich am Merchandise-Stand unter. Das Wetter hätte ruhig noch ein Stündchen halten können. Die Sicht wird mir von Schirmen verbaut. Trotz der widrigen Umstände geben sich die Schweden wirklich alle Mühe, doch der Funken will nicht wirklich überspringen. Schade. Prinzipe Valiente wirken in ihren Songs sehr melancholisch. Das Zusammenspiel von Gitarre, Synthesizer, Schlagzeug und Bass erzeugt eine schon fast psychedelische Stimmung, die von dem emotionalen Gesang des charismatischen Frontmanns Fernando Honorato abgerundet wird. Ich hoffe, nochmal die Gelegenheit zu bekommen, Principe Valiente live zu erleben.

Das wars dann für für uns. Müde vom langen Stehen und nass vom Regen verzichten wir auf die Aftershowparty und begeben uns auf den Heimweg. Zeit ein Fazit zu ziehen. Für 12 € Eintritt haben wir vier wirklich geile Bands gehört. Die Location hat etwas ganz besonderes und ist für dieses Event absolut genial gewählt. Die Stimmung war super und wir haben uns total wohl gefühlt. Überzeugt hat mich die Soundanlage. Ich hatte am Anfang schon bedenken, daß die hohen Wände des Burghofs Rückkopplungen oder Nachhall erzeugen. Nichts dergleichen. Da hat jemand sein Handwerk wirklich gelernt. Hut ab! Einziges Manko war gegen Ende des Auftritts von salvation AMP ein dumpfes Rauschen und Knacken links, das möglicherweise durch ein defektes Micro oder Kabel hervorgerufen wurde. Man musste aber schon wirklich genau hinhören, damit das auffällt. Das Catering war gut und für jeden Geschmack war etwas dabei. Das man für ein Buffet etwas tiefer in die Tasche greifen musste ist insofern nicht tragisch, da man das westfälische Kinderdorf damit unterstützt. Die Jungs und Mädels haben sich alle Mühe gegeben, waren zuvorkommend und  hilfsbereit.  Alles  in Allem ein sehr persönliches und  familäres  Fest, daß  in Kooperation von salvation AMP und dem westfälischem Kinderdorf veranstaltet wurde. Ein absolut unkommerzielles Event, ohne Sponsoren, ohne Profi-Management. Völlig eigeninitiativ, unabhängig, einzigartig. Respekt! Für uns war es ein gelungener Abend mit jeder Menge geiler Musik und tollen Menschen. Und wenn salvation AMP nächstes Jahr zum Gothic Fest V einlädt, sind wir mit Sicherheit wieder dabei. Ihr auch?

Gothic Fest IV auf Facebook

Homepage defekt 86

Homepage Sweet Ermengarde

salvation AMP Bandcamp

salvation AMP auf Facebook

Hompage Principe Valiente

Homepage Burg Sternberg

Homepage westfälisches Kinderdorf

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.