Tribute to Jon
Celebrating the music of Jon Lord
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Datum: Freitag, 23. Mai 2014 um 20:00
Location: MEDIO.RHEIN.ERFT
Eine Idee ist nur gut, wenn man etwas aus ihr macht. Das dachte sich wohl Hans-Peter „Schobbe“ Vois, als ihm in den Sinn kam, zu Ehren des am 16. Juli 2012 verstorbenen Jon Lord ein Tribute-Konzert in Bergheim zu veranstalten. Schobbe ist seit seiner Jugend Fan des als Mitglied der Hardrock-Band Deep Purple bekannt gewordenen Musikers. Vor allem fasziniert ihn dessen Rolle als Erfinder der Kombination zwischen Rockmusik und Klassischer Musik, „Rock meets Classic“. Bei der Idee sollte es nicht bleiben und als am Freitag Jon Lords Konterfei von der Bühne des gut gefüllten Medio grüßte, war schon zu Beginn, zu erahnen, dass aus diesem Gedanken etwas Großes entstanden ist. Eine zehnköpfige Abteilung „Rockband“ auf der linken Seite der Bühne, die sich um die Musiker der PowerMetal-Band Rage gruppierte. Das ca. 30-köpfige „NuMetal Symphonie“-Orchester auf der anderen und in der Mitte als optisches Bindeglied Martin Doepke mit seiner Hammond Orgel. Er war 1999 gemeinsam mit Jon Lord auf Deutschlandtour gewesen. Martin Doepke stand an diesem Abend nicht nur optisch im Mittelpunkt, er spielte auch die zentrale Rolle bei der Inszenierung des Konzertes und den Arrangements. Die Noten dafür musste er sich teilweise mühsam aus alten Aufzeichnungen erarbeiten.
Ein heller, halbtransparenter Vorhang (vor dem Ensemble) diente beim Opener „Pictured Within“ als Leinwand. Ein Filmeinspieler mit privaten Aufnahmen zeigte Ausschnitte aus dieser Zusammenarbeit. Nachdem der Vorhang zum zweiten Stück „Wring that Neck“ fiel, legte Doepke einen Hammond Sound auf die Bühne, der sehr nahe am Original lag, ohne den eigenen Charakter zu verlieren. Die Gitarristen Victor Smolski und Wulf Hanses-Ketteler warfen sich die Bälle zu. Sie wechselten sich bei den Soli ab und das Zusammenspiel zwischen den Gitarren und der Orgel erinnerte mich an die Hassliebe zwischen dem Deep Purple Gitarristen Ritchie Blackmore und Jon Lord. Ein erster Höhepunkt war das Stück „Highway Star“, da hier erstmals das Orchester mit eingriff. Dies war einfach bombastisch. 40 Musiker, zwei Schlagzeuge, Percussion und trotzdem erklang der Song in einer Transparenz, die die Musik nie überfüllt scheinen ließ. Das Ensemble arbeitete wie eine gut geölte Maschine und das Zusammenspiel mit der Rock Fraktion war wie aus einem Guss. Mir stellte sich die Frage, wie das möglich ist, da an diesem Abend ohne Dirigent gespielt wurde und ich durfte im Gespräch mit den klassischen Musikern lernen, dass sie sich in diesem Fall genau wie ein Bandmusiker an Schlagzeug und Bass orientieren.
Als der Deep Purple „Hit“ „Child in Time“, gesungen von Elke Schlimmbach und „When a Blind Man Cries“,gesungen von Peter „Peavy“ Wagner auf dem Programm standen, war aus der Ansammlung unterschiedlichster Menschen ein homogenes Publikum geworden. Leute aus der Region, Rage Fans und weit angereiste Deep Purple Fans, machten den Untertitel “ Celebrating the Music of Jon Lord“ zur gelebten Hommage. So aufgetaut, erlebten die Zuschauer eine Version von „Lazy“, die sich anfühlte als würde Lord persönlich an der Hammond sitzen. Der Blueseinfluss aus den Lehrjahren des großen Meisters lag fast greifbar in der Luft, mit einem unglaublichen Trompetensolo wurde das Stück zum Höhepunkt geschraubt, um mit einem improvisierten Bluesschluss zu enden. Das war einfach unfassbar geil!
Das Programm an dieser Stelle mit „Sarabande“ abzurunden, war ein gelungener Coup. Die Anlehnung an die Barockmusik gab den „Klassikern“ die Gelegenheit zu zeigen, dass sie in ihrem Genre und auch im Zusammenspiel mit Rockmusikern absolute Profis sind. Mit Anyone’s Doughter“ und „Any Fule Kno That“ ging es in die Pause.
Der zweite Teil wurde mit den Krachern „Hush“ und „Woman From Tokyio“ eingeleitet. Es entstand eine Rockkonzert-Atmosphäre, es wurde mitgeklatscht, die Hände gingen nach oben und die Temperatur im Saal stieg. Unter dem Jubel des Publikums kehrte nun auch das Orchester auf die Bühne zurück, um gemeinsam mit den Rockmusikern ein kleines Stück Geschichte zu schreiben. Martin Doepke hat die Partitur für das verloren gegangene Stück „April“ in mühevoller Kleinarbeit rekonstruiert und arrangiert. In den Tiefen von Youtube fand er eine Aufnahme von Deep Purple mit einem Orchester, die aber nie live gespielt wurde. Somit wurde das Publikum Zeuge einer Welturauführung. Gänsehaut pur!
Victor Smolski (Rage) zeigte hier eine Gitarrenarbeit, mit der er unterstrich, warum er zu den Besten seines Fachs gezählt wird. Das Zusammenspiel von Band und Orchester zeigte an dieser Stelle wie nah sich Rock und Klassik sein können. Beides ging fast zärtlich ineinander über. Die Auswahl der Sänger und der ihnen entsprechenden Stücken war sehr gekonnt, was von Elke Schlimmbach mit „Wait a While“ mit genialer Stimme bewiesen wurde. „Bourée“ aus dem Album Sarabande ist normalerweise gar nicht mein Genre. Ich kannte diesen Song bisher nur aus der örtlichen Dorfdisco und erinnere mich eher an barfuß tanzende Ökomädchen. An diesem Abend lernte ich, dass der Song mit einem ausgewachsenen Orchester und live eine ganz andere Nummer darstellt. Ich mag gute klassische Musik und das war gute klassische Musik. Beeindruckt haben mich die Bläsersätze.
Nun ging es mit in die Zeit der letzten Deep Purple Besetzung. Mein Ding! Meine Zeit! „Sometimes I feel like Screeming“ mit einem klasse Solo von Victor Smolski und dem Saxophonisten des Orchesters. „Perfect Strangers“ gesungen von Henning Basse. Das Konzert erreichte seinen Höhepunkt mit einem meiner Lieblingssongs von Deep Purple: „Burn“! Beeindruckend, wie das klassische Ensemble das Thema des Gitarrenriffs aufnahm und zu einem Feuerwerk anwachsen ließ, so dass das Publikum noch längere Zeit nach Ende des Stücks die Leistung der Musiker mit Ohohoho-Gesängen feierte.
Hier mit dem – gefühlt – meistgecoverten Song aller Zeiten „Smoke on the Water“ noch einen Zahn zuzulegen war schon großes Kino. Er gehört in die Kategorie der Klassiker, bei dem wirklich jeder bis in die letzte Reihe merkt ob er gut gespielt wurde. An diesem Abend war es so. Zum Dessert gab es „Green Onions“ für das Bluesrockerherz, um dann die Zuschauer mit “Black Night“ nach einem Gourmet Menü „a lá Musique“ in die Nacht zu schicken.
Chrizz‘ Fazit:
Hier wurde ein Stück Kultur geschaffen, das es verdient hat weitaus mehr Menschen geboten zu werden.
Fotos: mit freundlicher Genehmigung von Kay-Uwe Fischer, http://www.digitalfotografie-fischer.de/
Die Liste der an dem Abend beteiligten Künstler in alphabetischer Reihenfolge:
Aleksandar Crnojevic, André Hilgers, Angelika Budde, Blerim Hoxha, Christiane Meininger, Cvetomir Velkov, David Koebele, Ekaterina Reshetnyak, Elke Schlimbach, Francis Norman, Henning Basse, Inna Tcherkassova, Irina Semakova, Janina Dietz, Julia Sebastian, Jurate Cickeviciute, Justus Sagemüller, Kaloyan Trifonov, Kaloyan Trifonov , Lev Abramov, Ludmilla Witzel, Margarita Rumjanzewa, Mario Argandona, Martin Doepke, Michael Dorp, Milivoj Plavsic, Nonna Parfenov, Paolo Fazio, Peavy Wagner, Peter Protschka, Raya Gronkova, Reiner Witzel, René Klement,Sameh Mina, Sebastian Reimann, Tim Morgan Page, Valerija Dubrowina, Victor Smolski, Wulf Hanses-Ketteler.
Einen speziellen Dank für die freundliche Unterstützung an Martin Doepke, Victor Smolski und last not least “Schobbe” Vois.